Kilia Kiel sucht den Reset-Knopf: Nun kommt der VfB Lübeck

Nach einem Meisterjahr ohne Niederlage steckt der FC Kilia Kiel plötzlich im sportlichen Niemandsland fest. Trainer Nicola Soranno spricht über Ladehemmungen, fehlende Effektivität und das nächste Highlight im Landespokal gegen den VfB Lübeck.

Die vergangene Saison war ein Triumphzug: 30 Spiele, 22 Siege, keine Niederlage – Kilia Kiel dominierte die Oberliga Schleswig-Holstein nach Belieben. In diesem Jahr ist von Souveränität nichts mehr zu spüren. Statt eines erneuten Titelrennens ist Frust eingekehrt. Der letzte Sieg datiert vom 9. August (3:0 gegen Nordmark Satrup), seither wartet man auf ein Erfolgserlebnis. Zuletzt setzte es sogar eine 1:2-Niederlage beim krassen Außenseiter Eutin 08 – eine Pleite, die vor einem Jahr undenkbar gewesen wäre. Die Bilanz aus den letzten vier Spielen: zwei Remis, zwei Niederlagen.

„Das Pokalspiel gegen Lübeck kommt vielleicht zum perfekten Zeitpunkt“

Am kommenden Samstag (13. September) wartet nun ausgerechnet ein echter Brocken: der Regionalligist VfB Lübeck reist im Landespokal an den Hasseldieksdammer Weg. Für Kilia möglicherweise genau die richtige Ablenkung vom Liga-Alltag.

„Ich glaube, das Spiel kommt zum richtigen Zeitpunkt“, sagt Trainer Nicola Soranno. „Einfach mal raus aus dem Liga-Rhythmus. Wir gehen nicht als Favorit ins Spiel, keiner erwartet aktuell etwas von uns – genau das kann uns guttun.“

Dass die Oberliga-Form zu wünschen übrig lässt, weiß auch der Coach. Trotz vieler Torchancen gelingt es der Mannschaft derzeit zu selten, den Ball über die Linie zu bringen. „Wir müssen im letzten Drittel effektiver werden. Chancen haben wir genug, um Spiele für uns zu entscheiden – das gelingt uns aktuell einfach nicht.“

Die große Frage: Fehlt ein echter Knipser?

Mit Nico Empen hatte Kilia ursprünglich einen erfahrenen Angreifer verpflichtet. Doch der Ex-Profi löste seinen Vertrag noch vor Saisonbeginn wieder auf – eine Lücke im Kader?

Soranno sieht das differenziert:

„Natürlich war es nicht optimal, dass Empen so schnell wieder weg war. Aber ehrlich gesagt: Wir haben die Qualität im Kader. Die Jungs, die letztes Jahr zweistellig getroffen haben, sind alle noch da – Yannik Jakubowski, Serhat Yazgan, Julius Alt, Acer Rezan… Auch ohne Empen sollten wir offensiv genug Wucht haben.“

Zug abgefahren? Soranno widerspricht

An der Tabellenspitze punktet der SV Todesfelde konstant, während Kilia an Boden verliert. Ist die Meisterschaft schon jetzt außer Reichweite?

„Es wäre vermessen, jetzt davon zu reden, dass wir nochmal angreifen. Dafür sind wir aktuell zu weit weg. Aber ich will auch nicht sagen, dass die Saison gelaufen ist – in dieser Liga kann es schnell gehen, wenn oben mal einer schwächelt.“

Vielmehr gehe es nun darum, wieder in die Spur zu finden, wie Soranno mehrfach betont. Alles andere – auch das Ziel Hallenmasters – sei derzeit nachgelagert. „Aktuell brauchen wir keine Gedanken ans Hallenmasters verschwenden. Solange man sich rechnerisch noch qualifizieren kann, ist es ein Ziel. Aber wir sollten erstmal unsere Form finden.“

„Mich nervt es vor allem an den Spieltagen“

Auch persönlich ist die aktuelle Situation für Soranno keine einfache. Der akribisch arbeitende Trainer ist für seine Detailversessenheit und hohe Ansprüche bekannt – und kämpft nun mit einer neuen Herausforderung: einem Team, das eigentlich funktioniert, aber die PS nicht auf den Rasen bekommt.

„Mich nervt es – vor allem an den Spieltagen. Wir bringen über weite Strecken gute Leistungen, belohnen uns aber nicht. Das ist auf Dauer frustrierend.“

Trotzdem bleibt der Coach ruhig. Er wolle keine Panikreaktionen – sondern genau das beibehalten, was den Verein in den letzten Jahren stark gemacht habe. Auch das Umfeld bleibe, so Soranno, bislang besonnen: „Natürlich sind wir im Austausch – auch kritisch. Aber blöde Kommentare oder unruhige Stimmung gibt’s nicht.“

Eine Saison zum Lernen?

Noch ist es zu früh für tiefgreifende Lehren. „Wir stecken mittendrin“, so Soranno. „Wenn wir da mal durch sind, kann man sicher sagen, was wir anders machen würden.“ Ein paar Erkenntnisse habe man intern aber bereits besprochen – konkrete Details will der Trainer jedoch nicht verraten.

NordKick Einschätzung: Kilia bleibt gefährlich – aber das Zeitfenster wird kleiner

Die sportliche Lage beim FC Kilia Kiel ist nicht dramatisch – aber sie ist ungewöhnlich. Wer ein Jahr zuvor ungeschlagen Meister wird, wird zwangsläufig an hohen Maßstäben gemessen. Genau das macht die aktuelle Situation so unbequem.

Tatsächlich fehlt dem Team kein Talent und keine Struktur. Vielmehr scheint die Blockade eine mentale zu sein. Zu viele vergebene Chancen, zu viel Frust – ein Teufelskreis, den man nur mit einem echten Befreiungsschlag durchbrechen kann.

Das Pokalspiel gegen Lübeck könnte genau so ein Moment sein: einmal ohne Druck, gegen einen klaren Favoriten, mit der Chance, sich endlich wieder selbst zu belohnen. Gelingt das nicht, könnte die Saison zur längsten Vorbereitung auf die nächste Spielzeit werden. Gelingt es doch, ist mit Kilia vielleicht schneller wieder zu rechnen, als man denkt.

Artikel und Bild: Ole Jacobsen.