„Der Weg stimmt“ – Marcel Rapp über Kiels Entwicklung, Kaderdynamik und echte Stabilität

Nach dem souveränen 3:0-Heimsieg gegen den bis dahin ungeschlagenen Karlsruher SC herrscht bei Holstein Kiel Aufbruchsstimmung. Doch von Übermut keine Spur. TrainerMarcel Rapp bleibt analytisch, konzentriert – und formuliert seine Freude über die Leistung mit der gewohnten Mischung aus Bodenständigkeit und Anspruch.

„Wir haben das, was wir in den ersten Spielen oft kritisiert haben – die fehlende Griffigkeit, die einfachen Fehler, diesmal deutlich minimiert“, bilanziert Rapp. „Das hat sich auch einfach besser angefühlt.“ Vor allem in der ersten Halbzeit war sein Team dominant, ohne übermäßig viele Chancen zu benötigen: „Wir haben die Partie im Griff gehabt, hatten Kontrolle, und die Möglichkeiten, die wir hatten, waren dafür sehr hochkarätig.“

„Kleinigkeiten können alles kippen“

Trotz der 2:0-Pausenführung wollte Rapp sich zu keinem Zeitpunkt in Sicherheit wiegen. „Klar kann ein verschossener Elfmeter oder ein Gegentor vieles verändern. Das ist immer ein schmaler Grat.“ Er habe aber schon früh ein gutes Gefühl gehabt – auch, weil seine Mannschaft wach in die Zweikämpfe gekommen sei. „Wenn du gleich siehst, wie wir in die ersten Duelle gehen – das war überzeugend.“

Dennoch sei der Gegner nach der Pause stärker geworden. „Karlsruhe hatte dann mehr Spielkontrolle, sie sind oft abgekippt, waren im Aufbau präsenter. Aber wir haben es gut verteidigt und gar nicht viel zugelassen.“

Qualität setzt sich durch – aber nur mit harter Arbeit

In der Offensive zeigen sich die „Störche“ zunehmend variabel – auch, weil Spieler wie Alexander Bernhardsson immer stärker den Takt vorgeben. „Berra hat wieder zwei Tore vorbereitet. Das ist einfach richtig stark. Er ist so einer, der in einem Spiel den Unterschied machen kann – und genau solche Spieler brauchst du, auch wenn du als Mannschaft funktionierst.“

Ein Sonderlob bekommt auch Adrian Kapralik, der sich mit einem Treffer belohnte – und eigentlich schon das 1:0 erzielt hatte, ehe es nach Foulspiel zurückgenommen wurde. „Er hat enorme Qualität. Er kennt unsere Abläufe noch nicht in- und auswendig, aber du siehst sofort: Der Junge ist schnell, zielstrebig, und mit der richtigen Entscheidungsfindung kann das nochmal ein ganz anderer Faktor werden.“

Müller, Harres & Co.: Wenn Entwicklung belohnt wird

Besonders erfreulich für Rapp: Die Kaderdynamik funktioniert. Die Spieler, die in der Startelf stehen, müssen liefern – weil die Bank eng dran ist. „Jeder weiß: Wenn du nicht ablieferst, wartet da schon der Nächste. Und das ist gut so.“
Ein Beispiel: Marcus Müller, der anfangs nichts so hoch in der Gunst des Trainers stand, sei „brutal gereift“ und habe sich durch seine Entwicklung unverzichtbar gemacht. „Der passt jetzt einfach perfekt in unser Spiel“, so Rapp. Auch Phil Harres habe mit seinem Jokertor wieder bewiesen, wie wertvoll er sein kann – „und auch das sagt etwas über unseren Konkurrenzkampf aus“.

„Das ist Fußball – und das ist gut so“

Dass sich die Startelf von Spieltag zu Spieltag verändern kann, überrascht den Trainer dabei nicht – auch wenn es in dieser Saison bereits sieben Wechsel zwischen dem ersten Spieltag und der aktuellen Formation gegeben hat. „Das ergibt sich einfach. Es geht um Leistung, nicht um Namen. Stefan Schwab trainiert zum Beispiel super, aber manchmal erlauben die Umstände keine Einwechslung. Das ist hart, aber das ist Fußball – und das ist gut so.“

Krumrey – vom Schatten ins Rampenlicht

Auffällig in den letzten Wochen ist auch die Entwicklung von Keeper Jonas Krumrey, der immer ruhiger und präsenter wirkt. „Jonas ist keiner, der laut auf den Tisch haut, aber er macht einfach sein Ding – und das richtig gut. Er hält wichtige Bälle, wirkt souverän, spielt ruhig raus. Das gibt uns Sicherheit.“ Und trotzdem: „Timon Weiner trainiert top, wir haben zwei richtig gute Keeper.“

Keine Euphorie, keine Experimente – einfach arbeiten

Die Stimmung nach dem zweiten Sieg in Folge ist gut, aber nicht abgehoben. Rapp betont, dass es nicht darum gehe, jetzt durchzudrehen. „Wir haben jetzt zweimal zu Null gespielt – das ist stark. Aber wir wissen auch: In dieser Liga kann jeder jeden schlagen.“ Stattdessen sei es wichtig, auf dem aufzubauen, was aktuell funktioniert – mit Disziplin, Struktur und klugen Anpassungen.

Auch der verschossene Elfmeter von Therkelsen wird nicht überbewertet: „Er hat die Verantwortung übernommen, das ist viel wert. Jetzt schauen wir einfach, wer beim nächsten Mal auf dem Platz steht und dann schießen darf – die Jungs regeln das unter sich. Ohne Theater.“

Fazit: Rapp baut weiter an etwas Dauerhaftem

Marcel Rapp bleibt bei all der Entwicklung seiner Mannschaft konsequent im Prozess. Er lobt, kritisiert, korrigiert – ohne ins Extreme zu verfallen. „Klar ist: Wir wollen jedes Spiel gewinnen. Und dafür brauchen wir Gier, Struktur – und Spieler, die füreinander laufen.“

Mit dem 3:0 gegen Karlsruhe hat Holstein Kiel nicht nur drei Punkte geholt – sondern auch eindrucksvoll gezeigt, dass der eingeschlagene Weg stimmt.

Artikel und Bild: Ole Jacobsen.