Die Saison des Eckernförder SV begann mit einem Schock – noch bevor sie richtig losging. Im Mai 2024 verletzte sich Torjäger Ole Altendorf schwer am Knie: Kreuzbandriss, monatelange Pause, kein Spiel in der gesamten Saison. Kurz darauf traf es auch Lukas Witte. Ebenfalls Kreuzbandriss. Auch er fehlte dem Team die komplette Spielzeit. Zwei Ausfälle, die sinnbildlich für die folgenden Monate stehen sollten.
Ein Verletzungspech, das seinesgleichen sucht
Der ESV verlor früh in der Saison zwei weitere Spieler durch denselben Schicksalsschlag: Niklas Wolf und David Wagner erlitten ebenfalls Kreuzbandrisse. Für Trainer Maik Haberlag war das kaum zu fassen: „Vorher hatte ich in den letzten sechs Jahren keinen einzigen Kreuzbandriss im Kader – und nun gleich vier. Das ist wirklich Pech.“ Doch es blieb nicht bei diesen vier Langzeitverletzten. Im Winter kamen weitere Blessuren hinzu, die dem Team zunehmend die Substanz raubten. Besonders schmerzhaft: Christian Peters, mit 15 Treffern bis dahin der erfolgreichste Torschütze, fiel mit Muskelfaserriss, Sprunggelenksproblemen und später auch aus persönlichen Gründen lange aus.
Trainingsplätze als Risikofaktor?
Ein Grund für die hohe Zahl an Ausfällen könnte laut Haberlag die Trainingssituation gewesen sein: „Die Böden waren unheimlich hart, teilweise mussten wir auf gefrorenem Kunstrasen trainieren.“ Der Verein besitzt keinen eigenen Kunstrasenplatz und ist auf externe Plätze mit festen Zeiten angewiesen. Eine flexible Belastungssteuerung war daher kaum möglich.
Eine Hinrunde zum Träumen, eine Rückrunde zum Vergessen
Trotz der widrigen Umstände spielte der ESV eine starke Hinrunde, sammelte 29 Punkte und schien auf Kurs Klassenerhalt. Das Erfolgsrezept: ein breiter, homogener Kader, der auf Kampfgeist und Ausdauer setzte. „Wir haben Mannschaften kaputt gespielt“, erinnert sich Haberlag. Über frühes Anlaufen, hohe Intensität und gezielte Einwechslungen wollte er die Gegner zermürben. Doch mit schrumpfendem Kader zerbröselte dieses Konzept.
Verletzte, Rückkehrer, neue Sorgen
Zunehmend versuchten angeschlagene Spieler zu früh zurückzukehren, um zu helfen – oft mit negativen Folgen. „Wenn du nicht 100 % fit bist, kannst du nicht auf dem Level spielen und setzt dich direkt neuen Verletzungen aus.“ In der Folge veränderte sich auch die mentale Verfassung der Mannschaft. „Wir haben in der Rückrunde das Mindset verloren“, sagt Haberlag. Die Spieler kämpften nicht nur mit körperlichen Problemen, sondern auch mit Ängsten – zu verlieren, zu versagen, dem Team nicht helfen zu können.
Philosophie kontra Realität
Der ESV verfolgt eine klare Philosophie: Junge Spieler aus der Region binden, weiterentwickeln, nach der Karriere integrieren. Eine gute Generation hatte den Verein lange getragen – doch in der Oberliga ist diese Philosophie schwer aufrechtzuerhalten, wenn Verletzungen keine Alternativen lassen. Die vielen Verletzten durch Transfers zu kompensieren ist für den ESV aus finanziellen Gründen keine Option. „Wir können da mit anderen Vereinen finanziell nicht mithalten“, sagt Haberlag nüchtern.
Ein bitteres Ende – mit Hoffnungsschimmer
Am Ende stand der Abstieg – sportlich nachvollziehbar, aber trotzdem bitter. Und doch zeigte das Team im letzten Pflichtspiel Charakter: Im Kreispokal-Finale gegen den MTV Hohenwestedt kämpfte sich der ESV trotz Unterzahl (nach Roter Karte) ins Elfmeterschießen – nach 2:2 in der regulären Spielzeit. „Das war eine tolle Einstellung auf dem Platz. Das hat gezeigt, was die Zukunft bringen kann.“ Das Elfmeterschießen selbst wurde allerdings nicht zu Ende gespielt: Ein Zuschauer erlitt einen tödlichen Herzinfarkt, das Spiel wurde abgebrochen. Eine Neuansetzung ist für Ende Juni im Gespräch – Haberlag wünscht sich diesen Termin als Startpunkt in die neue Saisonvorbereitung.
Neustart in der Landesliga
Ab Juli 2025 spielt der ESV in der Landesliga Schleswig – und trotz Abstieg bleiben die Rahmenbedingungen stabil. Der Kader erfährt nur minimale Veränderungen. Lediglich Philipp Spohn verlässt den Verein Richtung Kilia Kiel. Neu dazustoßen Jonas Kessel (SG Eckernförde/Fleckeby), U19-Keeper Till Suhr (Holstein Kiel), Julien Huber (PSV Neumünster) sowie die eigenen U23-Talente Jannis Röschmann und Paul Richter. Auch die Langzeitverletzten Ole Altendorf und Lukas Witte kehren zurück.
„Wir wollen wieder angreifen“
Maik Haberlag hat den Blick längst nach vorne gerichtet. „Wir wollen wieder angreifen.“ Um neue Impulse zu setzen, arbeitet er in der Sommerpause auch mit einem Sportpsychologen zusammen. Ziel ist es, das Team mental zu stärken und spielerisch weiterzuentwickeln. Besonders mit dem Ball will der ESV in Zukunft mehr Lösungen finden – auch, um gegen tief stehende Gegner bestehen zu können. „Wir müssen mehr Breite ins Spiel bringen“, erklärt der 38-Jährige. Daher ist auch ein Systemwechsel denkbar – weg von der engen Mittelfeldraute, hin zu mehr Flügelspiel.
Fazit: Der ESV bleibt sich treu
Trotz des Abstiegs hält der Eckernförder SV an seinem Weg fest: Regional, bodenständig, entwicklungsorientiert. Der Rückhalt im Verein und der Glaube an das Potenzial der Mannschaft sind groß. Maik Haberlag, seit 2018 im Amt und A-Lizenz-Inhaber, geht den eingeschlagenen Weg mit Überzeugung weiter.
Bericht: Ole Jacobsen, Bild: Julius Tietje (hfr).