Holsteins Lage vorm Düsseldorf-Spiel – Interview mit Trainer Marcel Rapp

Vor dem Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf spricht Holstein-Kiel-Trainer Marcel Rapp über die aktuelle Personallage, die Stimmung im Team und die kleinen sportlichen Baustellen der letzten Wochen. Außerdem erklärt er, warum er die Situation trotz Ergebniskrise gelassen sieht.

Wie sieht es personell aus, wer ist aktuell angeschlagen oder fraglich?
Steven Skrzybski ist noch leicht angeschlagen, läuft aber schon wieder seine Runden und wird übermorgen voraussichtlich ins Mannschaftstraining einsteigen. Carl Johansson, Lasse Rosenboom und Marco Komenda haben zuletzt viel gespielt, die brauchen etwas Steuerung – aber alle werden morgen wieder auf dem Platz stehen. Grundsätzlich ist eigentlich keiner verletzt.

Bei Steven ist es die Sehne in der Ferse, die leicht eingerissen war. Nichts Dramatisches, aber schmerzhaft. Er läuft schon wieder deutlich besser, macht Widerstandstraining, und wenn alles gut läuft, sollte er morgen oder übermorgen wieder voll belastbar sein.

Reicht das dann schon für einen Einsatz am Wochenende?
Ich denke schon, dass er spielen kann – vielleicht nicht über 90 Minuten, aber eine Halbzeit oder etwas mehr sollte gehen.

Wie wichtig ist er für euch auf dem Platz – auch als Führungsspieler?
Klar, Stevie ist ein wichtiger Spieler, Kapitän, das steht außer Frage. Aber wenn einer ausfällt, bricht bei uns keine Welt zusammen. Natürlich wäre es schön, wenn er dabei ist. Aber grundsätzlich müssen wir das als Team auffangen.

Hattest du in Münster das Gefühl, dass euch jemand wie er in der zweiten Halbzeit gefehlt hat – in Sachen Struktur oder Führung?
Ja, kann man schon sagen. Aber ich glaube, es ging weniger um Führung, sondern darum, Angriffe besser zu Ende zu spielen. Wir hatten genug Ansätze, aus denen mehr hätte entstehen können. Insgesamt war das einfach kein gutes Spiel mehr von uns.

Ihr wart zuletzt mehrere Tage mit dem Team unterwegs – was habt ihr abseits des Platzes gemacht?
Viel geschlafen, viel gegessen (lacht). Es war kein klassisches Teambuilding-Event. Wir hatten einfach das ganze Staff-Team mit – Physios, Athletiktrainer, alles dabei – damit die Jungs optimal versorgt sind. Klar, wir haben auch mal zusammen gegessen oder waren kurz Bowlen, aber keine großen Aktionen. Es war insgesamt viel gemeinsames Arbeiten, kein Freizeitprogramm.

Bremse ist in Münster an der Seitenlinie recht laut geworden, fast ungewöhnlich emotional. Ein Zeichen von angespannter Stimmung?
Nee, das war losgelöst von uns. Es gab ein paar Schiedsrichterentscheidungen, über die man sich aufregen konnte – drei Stück, die so sicher nicht gepfiffen werden mussten. Ich glaube, da ist einfach mal die Hutschnur geplatzt. Das ist Teil des Spiels. Natürlich ist es emotional, aber das gehört dazu.

Sonntag kommt Düsseldorf – richtungsweisendes Spiel?
Jedes Spiel ist richtungsweisend (lacht). Aber klar, jetzt noch mal besonders. Wir haben ein Spiel verloren, also ist die Stimmung nicht super – aber weit weg von Unruhe. Die Jungs wissen, was gut war und was nicht. Wir müssen wieder ins Punkten kommen. Ich halte nichts davon, jetzt Abstiegskampf auszurufen. Jedes Spiel ist wichtig, und wir bereiten uns immer gleich intensiv vor.

Wie groß ist der Druck vor Sonntag?
Druck ist immer da. Wir wollen jedes Spiel gewinnen. Klar, wenn man auf die Tabelle schaut, ist die Situation etwas prekärer. Aber die Leistung rechtfertigt eigentlich nicht, dass wir unten reinrutschen. Trotzdem wissen wir, dass wir jetzt punkten müssen.

Heute im Training war’s emotional – kleine Rangeleien, hoher Einsatz. Ein gutes Zeichen?
Ja, das mag ich. Wenn’s intensiv wird, sieht man den Charakter. Wichtig ist, dass es im Rahmen bleibt, und das war heute so. Lieber so als Gleichgültigkeit. Wenn die Jungs an ihre Grenzen kommen, darf’s auch mal krachen – danach ist alles wieder gut.

Zeigt das auch, dass die Lage etwas angespannter ist?
Das ist im Fußball immer so. Sobald’s intensiv wird, sind Emotionen normal. Das zeigt nur, dass’s ihnen nicht egal ist.

Zum ersten Mal stagniert es sportlich über mehrere Wochen. Ist das auch für dich eine neue Situation?
Nicht wirklich. Ich weiß, wie Fußball funktioniert. Wir haben fünf Spiele nicht gewonnen – aber die meisten davon hätten wir auch gewinnen können. Nur Nürnberg war richtig schwach. Man darf die Spiele neutral bewerten. Defensiv stehen wir gut, kriegen kaum Tore aus dem Spiel heraus, fast nur nach Standards. Offensiv haben wir Chancen genug, machen sie aber nicht rein. Daran müssen wir arbeiten.

Stichwort Standards: Ihr seid da aktuell das schwächste Team der Liga. Woran liegt das?
Schwer zu sagen. Es gibt kein klares Muster. Viele Gegentore entstehen aus dem Rückraum, nach Abprallern oder zweiten Bällen. Daran müssen wir arbeiten.

Text und Bild: Ole Jacobsen.