HSV-Derbyhelden fassen ihre Emotionen in Worte

Der 3:2-Sieg des HSV im Nordderby gegen Werder Bremen war sportlich wichtig – emotional aber fast noch größer. In der Mixed Zone war schnell klar: Dieses Spiel wird für viele Hamburger Profis ein Moment fürs Fußballer-Lebensalbum.

Muheim: Vom Bankplatz zum Derby-Doppel-Vorbereiter

Ausgerechnet Miro Muheim, sonst Dauer-Starter, musste diesmal zunächst draußen sitzen. Sauer war er schon – aber auf dem Platz war davon nichts mehr zu sehen. Nach seiner Einwechslung bereitete der Linksfuß den ersten und dritten Hamburger Treffer in der zweiten Halbzeit vor.

„Ich glaube, es ist sehr, sehr schwer in Worte zu fassen“, sagte Muheim noch sichtlich aufgekratzt. „Die Emotionen am Schluss auch… ja, das ist das Derby und wir haben heute einfach das Spiel am Ende für uns gezogen.“ Die Mischung aus voller Hütte und wilder Schlussphase beschrieb er als „unfassbar“, die Fans hätten die Mannschaft „am Ende noch mal richtig gepusht“.

Dass er zunächst nur Zuschauer war, schob Muheim nach dem Spiel beiseite. „Ich bin Profi. Wenn ich auf dem Platz stehe oder wenn ich gebraucht werde, dann versuche ich der Mannschaft so gut wie möglich zu helfen“, erklärte er. Themen wie Enttäuschung über die Aufstellung nehme er „nicht mit auf den Platz“. Stattdessen setzte er seine Antwort mit dem Fuß: zwei Vorlagen, eine Menge Derbybonus bei den Fans.

Poulsen: Derbytor vor der Nordkurve – „pure Emotionen“

Für Yussuf Poulsen war es der perfekte Wiedereinstieg nach schwierigen Wochen mit Verletzungen. Mit seinem ersten Ballkontakt drückte der Däne den Ball zum 3:2 über die Linie – direkt vor der Nordkurve. „Pure Emotionen, klar. Erstes Tor im Nordderby, vor der Nordkurve – mehr geht gar nicht“, strahlte der Stürmer. Für genau solche Abende, sagt Poulsen, sei er Fußballer geworden: „Spiele, wo es um ein bisschen mehr geht als nur um die drei Punkte, wo das Stadion kocht, 90 Minuten lang.“

Die jüngsten Rückschläge blendet er aus, will sie auch gar nicht dramatisieren: „Es ist nie schön, verletzt zu sein. Aber ich gehe ja nicht nach Hause und haue mir einen Hammer ins Bein“, sagte er trocken. Wichtig sei nur eins: „Heute habe ich der Mannschaft geholfen – darüber bin ich sehr froh.“

Die Derby-Woche hatte ihn zusätzlich angezündet. Der Fußmarsch durch die Fans zum Stadion, die Plakate in der Stadt, die Aufladung in der Kabine – für Poulsen war das „ein besonderer Tag“: „Als Fußballer wünschst du dir eigentlich, dass wir jeden Tag Nordderby spielen können.“

Vuskovic: Hackentor für den Bruder

Der vielleicht spektakulärste Moment des Abends gehörte Luka Vuskovic. Der 18-Jährige traf zum zwischenzeitlichen 2:1 mit dem Rücken zum Tor – per Hacke, Volley, Kandidat „Tor des Monats“.

War das geplant? Vuskovic grinste: „Ich konnte nichts anderes machen in der Situation.“ Ein bisschen Glück sei dabei gewesen, „aber ich bin sehr glücklich, dass ich der Mannschaft helfen konnte.“ Ob es sein schönstes Karrieretor ist, lässt er offen, sagt aber: „Für mich ist es auf jeden Fall mein Lieblings-Tor bisher.“

Der Jubel war nicht nur für die Kurve, sondern auch für seinen Bruder, der im Stadion war und für den die Fans ein Banner hochhielten. „Das war Respekt für ihn. Jeder weiß, dass er ein guter Mensch und ein guter Spieler ist – er hat das nicht verdient“, erklärte Vuskovic. Auf seinem Arm zeigte er ein Tattoo, das beide Brüder verbindet – auch als Teil der Jubelgeste.

„Da ist irgendwas in der Luft“ – die Magie der Nordkurve

Ob Muheim, Poulsen oder Vuskovic – alle Spieler kamen immer wieder auf denselben Punkt zurück: die Energie von den Rängen. „Mit den Fans in unserem Rücken, das war unfassbar heute“, schwärmte Muheim. Poulsen bemerkte, dass „da unten an der Ecke irgendwas in der Luft“ sei – genau dort fielen zuletzt schon die späten HSV-Tore gegen Dortmund, Stuttgart und nun Werder.

Der Derbyerfolg ist für den HSV mehr als nur ein Schritt weg von der Abstiegszone. Er ist ein emotionaler Meilenstein auf dem Weg zurück in den Bundesliga-Alltag – getragen von einer Mannschaft, die spät noch Spiele drehen kann, und einem Stadion, das inzwischen wieder an alte Volkspark-Zeiten erinnert.

Artikel und Bild: Ole Jacobsen.