Die Pressekonferenz nach dem 1:0-Sieg von Holstein Kiel gegen Fortuna Düsseldorf wirkte weniger wie eine klassische Spielanalyse – und mehr wie ein gemeinschaftliches Staunen über das moderne Fußball-Regelwerk. Denn an diesem Nachmittag ging es erstaunlich wenig um System, Chancen oder taktische Abläufe, sondern um zwei Themen, die den Profifußball aktuell prägen wie kaum etwas anderes: Nachspielzeit und VAR.
Rapp: „Verstehen zu wollen lohnt nicht.“
Als in der zweiten Halbzeit die Tafel mit der Nachspielzeit erschien und darauf elf Minuten leuchteten, war der kollektive Moment der Verwunderung fast greifbar. „Elf kann man schon nachvollziehen – aber dann bitte immer“, kommentierte Holstein-Trainer Marcel Rapp, der speziell auf die vergleichsweise geringe Nachspielzeit gegen den VfL Bochum hinwies. Ein Satz, der viel über das Grundgefühl der Branche in diesem Thema erzählt. Mal gibt es vier Minuten, mal acht, heute eben elf. Warum? Darüber wurde erstaunlich nüchtern gesprochen. Rapp sagte dazu:
„Wir machen das einfach so, wie es gesagt wird. Fertig. Verstehen zu wollen lohnt nicht. Wir nehmen das einfach hin.“
Anfang: „Ich blicke da auch nicht so ganz durch.“
Auf der anderen Seite zeigte sich Düsseldorfs Trainer Markus Anfang ähnlich ratlos: „Ich blicke da auch nicht so ganz durch. Wenn es Abseits ist, dachte ich, dann pfeift man einfach ab. Aber ich weiß auch nicht mehr genau, wie das jetzt geregelt wird.“
Foul oder doch Abseits?
Das eigentliche Diskussionsthema war ohnehin die Szene kurz vor Schluss: Düsseldorfs Elias Egouli wird im Strafraum gefoult, der Schiedsrichter schaut sich die Situation am Monitor an – der VAR greift ein, erst Foul, dann doch Abseits, also kein Elfmeter. Ein Vorgang, der selbst erfahrene Trainer sichtlich an die Grenzen der sportjuristischen Belastbarkeit führte.
Rapp erklärte resigniert: „Wir hatten in den letzten Wochen genug Entscheidungen gegen uns, die nicht nachvollziehbar waren. Heute hatten wir bei der Abseitsentscheidung etwas Glück. Ich mache mir da gar keine Gedanken mehr. Man nimmt es so, wie es kommt.“
Akzeptieren statt verstehen
Am Ende waren sich beide Trainer einig: Die Komplexität der Entscheidungswege hat eine Stufe erreicht, auf der Erklären nicht mehr Teil der Aufgabe ist. Stattdessen übt man sich in Akzeptanz. Anfang brachte es auf den Punkt: „Wir nehmen das hin, auch wenn wir es nicht verstehen.“
So wurde diese Pressekonferenz zu einem selten ehrlichen Moment im Profifußball, der aber auch für viele Lacher sorgte: Zwei Trainer, die mit Gelassenheit und viel Sarkasmus feststellen, dass der Sport inzwischen manchmal komplizierter wirkt als nötig – und dass man trotzdem weitermachen muss. Ohne Drama, ohne Anklage, ohne große Worte. Einfach mit einem Schulterzucken, das lauter spricht als jede Analyse.
Am Ende blieb ein Satz, der die gesamte Stimmung treffend einfängt: „Man muss es so hinnehmen – wir haben ja keine andere Wahl.“
Artikel und Bild: Ole Jacobsen.
