St. Pauli-Coach Alexander Blessin im Interview: „Mut ja, Wahnsinn nein“

NordKick sprach nach dem 3:3 gegen Borussia Dortmund ausführlich mit St. Pauli-Trainer Alexander Blessin über Mentalität, Umstellungen und die Lehren vor dem Derby.

NordKick: Alex, 3:3 nach einem 1:3-Rückstand – wie bewertest du das Spiel?
Blessin: Wir haben Dortmund aus dem Spiel heraus wenig gegeben, aber trotzdem drei Gegentore kassiert. Das ärgert mich. Gleichzeitig haben wir nie aufgesteckt und sind zurückgekommen. Genau das ist für die Mannschaft extrem wichtig – ein Signal, dass wir auch gegen Topgegner bestehen können.

NordKick: Welche Stellschrauben hast du im Spiel gedreht?
Blessin: Wir haben die Wege der Wingbacks angepasst und öfter den Sechser rausrücken lassen, um die Breite abzusichern. Später sind wir in die Viererkette gegangen, außen doppelt besetzt, zwei Stürmer ins Zentrum – so hatten wir mehr Präsenz vorne. Aber klar: Mut ja, Wahnsinn nein. Wir wollten weiter Chancen suchen, aber die Restverteidigung nicht opfern.

NordKick: Deine Einwechselspieler haben spürbar Energie gebracht.
Blessin: Absolut. Genau das brauchen wir. Wir haben betont: Wer reinkommt, muss Gras fressen und Energie ins Spiel bringen. Heute haben das alle umgesetzt – das war ein Schlüssel.

NordKick: Auffällig war das Kopfballtor von Hountondji.
Blessin: Er hat eine starke Körperspannung, setzt sich in der Luft durch. Das war ein typisches Stürmertor. Klar, er hat noch Baustellen, aber die Entwicklung ist positiv. Solche Szenen geben uns zusätzlich Varianten im Angriff.

NordKick: Wie harmoniert die Mannschaft mit den vielen Neuzugängen?
Blessin: Zufrieden bin ich nie – aber es geht in die richtige Richtung. Nach sieben, acht Wochen sind wir noch nicht auf dem Level für eine ganze Saison, das ist normal. Aber die Jungs lernen sich besser kennen, wissen, wo ihre Stärken liegen. Das macht uns Schritt für Schritt stabiler.

NordKick: Nach dem 3:3 hast du draußen viel gestikuliert. Hättest du da gerne eine Auszeit genommen, wenn das möglich wäre? Welche Marschrichtung wolltest du vorgeben – lieber das Unentschieden absichern – oder voll auf Sieg spielen?
Blessin: Ja, hätte ich gerne genommen. Beides. Natürlich wollten wir nach vorne weiterspielen, wir hatten ja noch genügend Zeit und auch das Momentum auf unserer Seite. Aber ich wollte gleichzeitig verhindern, dass wir mit zu viel Risiko noch in einen Konter laufen. Wir waren schon sehr hoch mit den Innenverteidigern, da musste ich die Balance halten. Also: hungrig bleiben, aber nicht den Kopf verlieren.

NordKick: Jetzt kommt das Derby. Wer ist Favorit?
Blessin: Das interessiert mich nicht. Wir wollen uns akribisch vorbereiten, mit voller Intensität ins Spiel gehen und das Derby gewinnen. Mehr nicht.

Artikel und Bilder: Ole Jacobsen.

Trainer Alexander Blessin (St. Pauli)